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Neuer Windchill-Tiefstwert USA registrieren minus 78 Grad auf Mount Washington

Arktische Winde haben im Osten Kanadas und der USA für Rekordminuswerte und Frostbeben gesorgt. Die US-Wetterbehörde hatte zuvor vor einem Kälteeinbruch gewarnt, wie er »nur einmal in einer Generation« vorkomme.
Montreal am Samstag: Wind aus der Arktis sorgt für Extremtemperaturen

Montreal am Samstag: Wind aus der Arktis sorgt für Extremtemperaturen

Foto: Graham Hughes / AP

Im Osten der USA und Kanadas haben polare Luftströme mit starken Windböen für extremen Frost gesorgt. In den USA gab es der US-Wetterbehörde NWS zufolge mit der niedrigsten in den USA je bestimmten Windchill-Temperatur sogar einen Rekord: Am Gipfel des Bergs Mount Washington im nordöstlichen US-Bundesstaat New Hampshire sank die durch den Wind beeinflusste Temperatur in der Nacht zum Samstag auf minus 78 Grad Celsius.

Die Windchill-Temperatur ist ein Maß dafür, wie sich die Kombination aus Luft und Wind auf der Haut anfühlt. Der auf dem Mount Washington bestimmte Wert lag dem US-Sender CNN zufolge unter dem bisherigen Tiefstwert von minus 76 Grad Celsius, der in Alaska registriert worden war. Er kam durch die Kombination aus einer Lufttemperatur von minus 43 Grad und Windböen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 177 km/h zustande. Mit 1920 Metern ist der Mount Washington der höchste Gipfel im Nordosten der USA, der Berg ist berüchtigt für seine extremen Wetterbedingungen.

Warmhalten in Ottawa

Warmhalten in Ottawa

Foto: Sean Kilpatrick / AP

Die NWS-Außenstelle in Caribou im weiter nördlich gelegenen Bundesstaat Maine meldete für die an der Grenze zu Kanada gelegenen Ortschaft Frenchville eine Windchill-Temperatur von minus 51 Grad. Bei solchen Temperaturen kann es dem NWS zufolge bereits innerhalb von fünf Minuten zu Erfrierungen an ungeschützten Hautstellen kommen. Zudem seien aus der Region sogenannte Frostbeben gemeldet worden. Diese Erschütterungen der Erdoberfläche werden nach Angaben des NWS von plötzlich auftretenden Rissen in gefrorenem Boden oder gefrorenem Wasser im Gesteinsuntergrund verursacht. Auch brachen Bäume auf, wohl aufgrund des gefrorenen Saftes im Inneren der Stämme.

Die US-Wetterbehörde hatte vor dem Kälteeinbruch vor arktischer Kälte gewarnt, wie sie »nur einmal in einer Generation« vorkomme. Ähnlichen Frost habe etwa der Bundesstaat Maine seit den Achtzigerjahren nicht mehr erlebt. Dem NWS zufolge lagen die Temperaturen jedoch darüber hinaus in weiten Teilen des Nordwestens der USA und der Atlantikküste bis zu 15 Grad unter den für die Jahreszeit üblichen Durchschnittswerten. Dort galten wegen der extrem niedrigen Temperaturen Wetterwarnungen, ebenso wie in der kanadischen Provinz Québec und weiteren Teilen Ostkanadas.

Obdachlose vor Kälte schützen

Auf dem Flughafen der Millionenstadt Montréal wurde eine Windchill-Temperatur von minus 41 Grad bestimmt, in Boston minus 34 Grad. In der neuenglischen Stadt, in der die öffentlichen Schulen am Freitag wegen des drohenden Frosts geschlossen waren, lag die gemessene Tiefsttemperatur bei minus 23 Grad Celsius. Damit brach sie den vor mehr als einem Jahrhundert aufgestellten Tagesrekord, so die NWS. In New York City wurde im Central Park ein Windchill von minus 16 Grad errechnet.

Manhattan: Eiszapfen am Brunnen im Bryant Park

Manhattan: Eiszapfen am Brunnen im Bryant Park

Foto: JEENAH MOON / REUTERS

Mehrere Städte ergriffen Maßnahmen, um den Bewohnern zu helfen. Unter anderem richteten sie Wärmezentren ein und sorgten dafür, dass Obdachlose vor der Kälte geschützt werden. In Boston verdoppelte das Pine Street Inn, der größte Anbieter von Obdachlosendiensten in Neuengland, die Zahl der Transporter, die am Freitag und Samstag die Straßen der Stadt absuchten, sagte Sprecherin Barbara Trevisan. »Anfang der Woche wurde damit begonnen, die Menschen zu warnen, dass das Wetter sehr extrem werden würde«, sagte sie. »Das Ziel der letzten Nacht war es, die Menschen am Leben zu halten und in Sicherheit zu bringen.«

Die Gouverneurin von Massachusetts, Maura Healey, ordnete an, dass der Hauptbahnhof als Notunterkunft über Nacht geöffnet bleibt. Nach Schätzungen von Trevisan übernachteten dort etwa 50 bis 60 Obdachlose. In Southwick, Massachusetts, stürzte ein Baum wohl aufgrund starker Winde auf ein Auto. Dabei starb ein Kleinkind, so der Bezirksstaatsanwalt von Hampden.

Viele Skigebiete schränkten aufgrund der Temperaturen ihren Betrieb ein. Jay Peak, ein Skigebiet im Norden von Vermont nahe der kanadischen Grenze, schloss den Betrieb am Freitag und Samstag vollständig und begründete dies mit der Gefahr für Mitarbeiter und Skifahrer.

Das kalte Wetter wird wohl nur von kurzer Dauer sein. Die Temperaturen sollen am Sonntag aufgrund von wärmeren Luftmassen deutlich höher werden. Die Höchsttemperatur in Boston wird laut NWS am Sonntag bei 8,3 Grad Celsius liegen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Windchill-Temperatur gemessen worden sei. Sie wird allerdings über eine Formel anhand der gemessenen Lufttemperatur und der Windgeschwindigkeit errechnet. Wir haben die Passage korrigiert.

abl/AFP/Reuters