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Bröckelnde Alpen Permafrost-Schmelze führte offenbar zu massivem Bergsturz in Tirol

Mindestens 100.000 Kubikmeter Gestein stürzten in Tirol hinab, ein ganzer Gipfel ist verschwunden. Für Geologen ist klar: Je weniger Eis, desto mehr erodieren Permafrostböden und häufen sich Bergstürze.
Bergsturz am Fluchthorn in Tirol

Bergsturz am Fluchthorn in Tirol

Foto: --- / dpa

Der massive Bergsturz in Tirol ist laut einem Experten des österreichischen Bundeslandes wahrscheinlich durch den tauenden Permafrost im Gebirge ausgelöst worden. Nach einem Erkundungsflug schätzte Tirols Chefgeologe Thomas Figl, dass am Vortag mindestens 100.000 Kubikmeter Gestein vom Südgipfel des Fluchthorn-Massivs bei Galtür gestürzt waren. Laut Bergrettern verschwanden der Gipfel sowie das Gipfelkreuz. Die Behörden gehen nach wie vor nicht davon aus, dass Menschen zu Schaden gekommen sind.

Bei dem Helikopterflug seien klare Anzeichen zu erkennen gewesen, dass das schwindende Permafrost-Eis im Gestein die Ursache für das Naturereignis war, sagte Figl. »Das Eis schmilzt aufgrund der stattfindenden Klimaerwärmung, und das sorgt eben dafür, dass die Berge bröckeln«, erklärte der Geologe der Deutschen Presseagentur. »Das Eis ist der Klebstoff der Berge, und dieser Klebstoff geht jetzt schön langsam verloren«.

»Hundert Meter vom Gipfel sind weggebrochen«, schätzte der Leiter der örtlichen Bergrettung in Galtür, Christian Walter. Eine Gruppe von Bergrettern hatte am Sonntag unterhalb des südlichen Fluchthorn-Gipfels einen Ausbildungskurs absolviert. Die etwa 30 Beteiligten wurden Zeuge, wie sich nur wenige Minuten nach dem Felssturz ein Sturzbach bildete, der an einer Berghütte vorbeirauschte, sagte Ausbildungsleiter Riccardo Mizio der dpa. »Ein Kollege hat geschrien, dass wir den Platz sofort verlassen sollen«, berichtete er. Die Gruppe sei durch den Bergsturz aber nicht gefährdet gewesen.

Wanderrouten vorsorglich geschlossen

Einige Wanderrouten um das Fluchthorn wurden seit Sonntag vorsorglich geschlossen. Die Gemeinde Galtür war hingegen nicht betroffen. Das Dorf ist mehr als neun Kilometer entfernt und liegt in einer anderen Richtung als die Schneise der etwa zwei Kilometer langen Gesteinslawine. Galtür war im Jahr 1999 Schauplatz einer Katastrophe, als dort eine riesige Lawine niederging. 38 Menschen starben, die meisten waren Deutsche.

Auch in der Schweiz rumort es am Berg oberhalb des Dorfes Brienz gewaltig. Am Wochenende sind riesige dicke Gesteinsbrocken heruntergedonnert. Das Abrutschen des Gesteins hat sich im Frühjahr so beschleunigt, dass die gut 80 Einwohner in der ersten Maihälfte vorsichtshalber in Sicherheit gebracht wurden. Bislang sind die Brocken oberhalb des Dorfes liegengeblieben. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch das Dorf getroffen werden könnte. Im Unterschied zu Galtür gibt es bei Brienz keinen Permafrost. Der Berg bewegt sich dort schon seit Hunderten von Jahren.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand eine nicht korrekte Kilometerangabe. Wir haben die Stelle entsprechend korrigiert.

czl/dpa

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